OP der Zukunft ist ein Leuchtturmprojekt auf dem Gebiet der Roboter-assistierten Chirurgie, welches mit insgesamt 3,4 Millionen Euro aus dem Europäischen Aufbaufonds für den Zusammenhalt und die Gebiete Europas (REACT-EU) im Rahmen des EFRE-Programms gefördert wird. Zum Projektverbund gehören das Kurt-Semm-Zentrum am UKSH, Campus Kiel, die Technische Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel sowie die Firmen Vater Solutions GmbH und MiE GmbH. Ziel ist es, mithilfe von KI und Augmented Reality dem Chirurgen Navigationshilfen in der Lymphknoten- bzw. Tumorchirurgie verfügbar zu machen. Zudem soll ein neuartiges komplementäres robotisches System entwickelt werden, welches speziell auf die Aufgaben der OP-Assistenz zugeschnitten ist.
Die Roboter-assistierte Chirurgie mit den da Vinci-Systemen der Firma Intuitive ist in Kiel seit 2013 ein fest etabliertes Verfahren und wird am UKSH, Campus Kiel, in besonderer Weise gelebt, da die chirurgischen Fachdisziplinen in minimalinvasiven und Roboter-assistierten Verfahren unter dem Dach des Kurt-Semm-Zentrums vernetzt sind. Auf diese Weise findet ein regelmäßiger Austausch der Expertinnen und Experten statt, einhergehend mit der Chance, die Kräfte und Expertisen auch für größere Projekte zu bündeln.
Der Projektverbund besteht aus dem Universitätsklinikum-Schleswig-Holstein (Kurt-Semm-Zentrum und Klinik für Nuklearmedizin), der Technischen Fakultät der CAU Kiel (ET&IT, Informatik und MaWi), sowie den Firmen Vater Solution GmbH und MiE (Medical Imaging Electronics, Seth).
Roboter-assistierte Chirurgie ist Telemanipulation, d. h. die Instrumente werden über eine Konsole vom Chirurgen gesteuert. Gegenüber der offenen Chirurgie weist sie entscheidende Vorteile auf: sie ist minimal-invasiv durch kleine, endoskopische Zugangswege der Instrumente, die Heilungsdauer und damit die Dauer der Hospitalisierung verkürzen sich um bis zu 50%, Re-Operationen sind seltener; das Infektionsrisiko zwischen Patient, Arzt und OP-Personal wird durch das „unblutige“ Operieren deutlich verringert. Die o. g. Vorteile ermöglichen, dass auch unter Pandemiebedingungen mehr Regelpatienten unter größtmöglicher Sicherheit operiert werden können. Dieses OP-Verfahren ist seit 20 Jahren eine etablierte Methode und gehört am UKSH in Kiel bereits zum Standard.
Das übergeordnete Ziel besteht darin, den OP sowie die damit verbundenen Technologien und Methoden zukunftsfähig zu machen. Im Fokus des aktuellen Vorhabens stehen zwei Teilprojekte: Augmented Reality für zielgenaue Tumorchirurgie und die Entwicklung eines robotischen Assistenzsystems.
Augmented Reality bedeutet so viel wie „erweiterte Realität“. Gemeint sind Anwendungen, die dem Chirurgen bzw. der Chirurgin während der Operation zusätzliche Informationen in das Live-OP-Bild einspielen. Der Operateur sieht das OP-Gebiet stark vergrößert auf einem Monitor, der das Bild der endoskopisch geführten, winzigen Kamera überträgt. Problem: Die Tumorinformationen aus der präoperativen Bildgebung (CT/MRT) sind schwer mit den Live-Bildinformationen abzugleichen, z. B. wenn es darum geht, in der Bildgebung angezeigte, tumorpositive Lymphknoten im OP-Gebiet wiederzufinden und zu entfernen. Dabei soll eine Software helfen, welche die auffälligen Areale aus der Bildgebung auch direkt im Live-OP-Bild sichtbar macht bzw. dem Operateur eine Navigationshilfe wie etwa beim Autofahren gibt. Was zunächst am Beispiel der Lymphknotenchirurgie bei Prostatakrebs entwickelt und erprobt werden soll, kann zukünftig auch auf andere chirurgische Fragestellungen übertragen werden.
Die zweite angestrebte Lösung betrifft ein komplementäres robotisches System im OP, dieses wäre eine Weltneuheit. Auch bei aktuellen Roboter-assistierten Eingriffen steht die OP-Assistenz nach wie vor direkt am Patienten und arbeitet mit manuell geführten laparoskopischen Instrumenten. Um diese Arbeitsschritte ebenfalls präziser, ergonomischer und auch infektionssicherer zu gestalten, soll ein Zweiarm-Assistenz-Roboter für OP-Assistent/innen entwickelt werden.
Ausgehend von diesen Vorhaben initiieren wir in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftszentrum Kiel eine dauerhaft etablierte Forschungsplattform, die das Projekt „OP der Zukunft“ weiter mit Leben erfüllen soll. Schleswig-Holstein soll langfristig als ein führender Standort in der Roboter-assistierten Medizin etabliert werden.